Digitalisierung in der Druckgusstechnik: HDO startet KI-Projekt zur effizienteren Angebotserstellung
Ob hochwertige Metallakzente für das Automobil-Interieur, glänzende Komponenten für moderne Badarmaturen oder stilvolle Designelemente für hochwertige Kaffeevollautomaten – wer im Alltag auf solche Produkte trifft, könnte ein Produkt der HDO Druckguß- und Oberflächentechnik GmbH vor sich haben. Das internationale Familienunternehmen aus Ostwestfalen ist europäischer Marktführer für dekorativen Zink-, Aluminium- und Magnesiumdruckguss. Jetzt geht HDO gemeinsam mit dem Fraunhofer IOSB-INA einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung: Künstliche Intelligenz soll künftig komplexe Angebotsprozesse deutlich beschleunigen – und dabei das Wissen der Experten im Unternehmen optimal nutzen.
Herausforderung
Die Bearbeitung von Kundenanfragen bei HDO erfordert viele manuelle Arbeitsschritte, da jedes Projekt individuell erfasst, geplant und kalkuliert wird. Zahlreiche Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen sind involviert, um technische, wirtschaftliche und produktionstechnische Informationen zusammenzuführen.
Lösung
Ziel des Projekts ist es, mithilfe Künstlicher Intelligenz vergangene Anfragen mit ähnlichen technischen Merkmalen zu analysieren und automatisiert passende Referenzprojekte vorzuschlagen.
Mehrwert
Die Angebots- und Kalkulationsphase wird beschleunigt und die Abhängigkeit von einzelnen Personen verringert. Kundinnen und Kunden erhalten außerdem deutlich schneller eine verlässliche Preisauskunft zu ihrem angefragten Artikel.
Komplexität kostet Zeit – und Ressourcen
„Jede Anfrage ist bei uns ein Unikat. Allein die Frage, wie sich eine spezielle Geometrie gießen oder galvanisieren lässt, beeinflusst die gesamte Prozessplanung und am Ende auch den Preis,“ erklärt Wiltrud Schopohl, Managerin Prozessoptimierung bei HDO. Bislang wandert jede neue Kundenanfrage durch das interne System FUTAR, wo alle technischen, betriebswirtschaftlichen und prozessbezogenen Daten erfasst werden. Doch trotz dieser digitalen Struktur bleibt der Aufwand groß: Unterschiedliche Fachbereiche müssen klären, wie Produktionsschritte wie Gießen, mechanische Bearbeitung oder Galvanik optimal zusammenspielen. „Besonders bei komplexen Teilen kostet das Zeit – und verhindert, dass wir schnell ein belastbares Angebot abgeben können,“ so Schopohl weiter. „Das wollen wir ändern.“
Künstliche Intelligenz denkt voraus
Deshalb startet HDO gemeinsam mit dem Fraunhofer IOSB-INA im Kompetenzzentrum Arbeitswelt.Plus ein ambitioniertes Transferprojekt. Ziel ist es, eine KI-gestützte Lösung zu entwickeln, die frühere Anfragen automatisch durchsucht und passende Referenzprojekte findet. „Die KI soll ähnliche Projekte erkennen – auf Basis technischer Merkmale wie Geometrie, Verfahren oder Komplexität,“ erklärt Dr. Sahar Deppe vom Fraunhofer IOSB-INA.
Die KI soll ähnliche Projekte erkennen – auf Basis technischer Merkmale wie Geometrie, Verfahren oder Komplexität. Wir verzichten bewusst auf veraltete Kostenmodelle oder historische Stundensätze, die heute längst nicht mehr realistisch sind.– Dr. Sahar Deppe, Fraunhofer IOSB-INA
Im Mittelpunkt steht dabei ein smarter Algorithmus, der selbst auf Standard-Rechnern lauffähig ist. „Wir verzichten bewusst auf veraltete Kostenmodelle oder historische Stundensätze, die heute längst nicht mehr realistisch sind,“ so Deppe. Stattdessen fokussiere man sich auf den Soll-Zustand eines Projekts – also darauf, wie ein optimales Verfahren aussehen sollte, ohne von späteren Ist-Abweichungen verfälscht zu werden.
Wissen wird zur Ressource
Die künftige Lösung soll dem Vertrieb erlauben, innerhalb kürzester Zeit fundierte Angebote zu erstellen. Statt jede Anfrage bei null zu starten, liefert die KI präzise Vorschläge, welche Prozessschritte nötig sein könnten – inklusive Aufwandsschätzungen und relevanter Prozessdetails. „Das Know-how unserer Prozesstechniker steckt bereits in unserem Datenbestand. Jetzt machen wir es maschinell nutzbar,“ betont David Schmidt.
Dabei legt das Projektteam großen Wert darauf, die relevanten Attribute exakt zu definieren. Ob komplexe Formen, spezifische Bearbeitungsanforderungen oder Zeitvorgaben – die KI soll die entscheidenden Faktoren identifizieren, um zuverlässig passende Projekte vorzuschlagen. Auch eine umfassende Stakeholder-Analyse gehört zum Projekt: Alle Abteilungen sollen prüfen, wie gut die Vorschläge der KI zur Praxis passen.
Wir wollen unsere Fachleute von Routineaufgaben befreien und gleichzeitig schneller Angebote abgeben können.– David Schmidt, HDO
Vorteile für HDO – und darüber hinaus
Von der Lösung erwartet sich HDO eine spürbare Entlastung: „Wir wollen unsere Fachleute von Routineaufgaben befreien und gleichzeitig schneller Angebote abgeben können,“ so Schmidt. Auch die Fehleranfälligkeit in der Kalkulation soll sinken, weil die KI auf eine große Datenbasis zugreift. Für Kunden bedeutet das vor allem eins: kürzere Wartezeiten auf verbindliche Angebote.
Darüber hinaus soll das System als Modellprojekt für andere Industrieunternehmen dienen. „Viele Firmen in der Industrie stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Unsere Lösung kann zeigen, wie Digitalisierung, KI und menschliche Expertise erfolgreich zusammenwirken,“ erklärt Sahar Deppe.
Aus Erfahrung schneller werden
Die Vision bei HDO ist klar: Das Erfahrungswissen aus über einem Jahrzehnt Druckguss-Expertise soll künftig in Sekundenschnelle abrufbar sein. „Unsere Produkte sollen nicht nur glänzen – auch unsere Prozesse sollen künftig blitzschnell und intelligent ablaufen,“ ergänzt David Schmidt.