Mitgestalten statt nachbessern: Die IG Metall im Projekt Arbeitswelt.Plus
Wie lassen sich Künstliche Intelligenz und betriebliche Mitgestaltung sowie Mitbestimmung sinnvoll zusammendenken? Mit dieser Frage befasste sich die IG Metall NRW im Rahmen des Projekts Arbeitswelt.Plus. In Zusammenarbeit mit der Technologieberatungsstelle beim DGB NRW e.V. (TBS NRW), Betriebsräten und Unternehmenspartnern entwickelte sie Ansätze, um die Perspektiven der Beschäftigten in die Gestaltung von KI-Anwendungen einzubinden. Der folgende Beitrag zeigt, wie Mitbestimmung frühzeitig und systematisch in Innovationsprozesse integriert werden kann – und welchen konkreten Nutzen dieses auch für Unternehmen bringt.
Beteiligung als Gestaltungsprinzip
Das Konzept „Gute Arbeit by Design“ war für die IG Metall ein zentraler Ankerpunkt der Mitgestaltung. Es setzt auf eine vorausschauende Arbeitsgestaltung bereits in der Entwicklung von KI-Systemen. „Technologie darf nicht über die Köpfe der Beschäftigten hinweg eingeführt werden“, sagt Oliver Dietrich von der IG Metall NRW. „Deshalb brauchen wir verbindliche Beteiligung – von Anfang an.“ Die IG Metall NRW und die TBS NRW begleiteten die Betriebsräte in den Projektunternehmen – beratend, qualifizierend und mit dem Ziel, gewerkschaftliche Perspektiven systematisch in die Gestaltung von KI einzubringen.
Gerade bei neuen Technologien wie KI entstehen viele Fragen – zum Datenschutz, zur Leistungsüberwachung, zum Arbeitsschutz und zu ethischen Grenzen. Deshalb war es wichtig, Betriebsräte frühzeitig einzubeziehen und sie gezielt zu qualifizieren.– Svenja Budde, TBS NRW
Schulungen, Austausch, Praxishilfe
Zu Projektbeginn war KI in vielen Unternehmen kein strategisch gesetztes Thema. Die IG Metall NRW reagierte darauf mit einem modularen Schulungsangebot. Vier digitale Lerneinheiten – von der Einführung bis zur Mitgestaltung – gaben Betriebsräten die Möglichkeit, sich systematisch in das Thema einzuarbeiten. Ergänzend fanden individuelle Inhouse-Workshops und Betriebsrat-Coachings in den Projektbetrieben statt.
„Viele Gremien wollten wissen: Was genau ist KI – und was bedeutet das für unsere Mitbestimmungsrechte?“, so Svenja Budde. „Deshalb war es zentral, eine gute Wissensgrundlage zu schaffen.“
Im weiteren Projektverlauf entwickelten die Beteiligten praxisnahe Instrumente – etwa einen KI-Kriterienkatalog oder Checklisten zur Bewertung von Digitalisierungsprojekten mit KI-Bezug. Ein überbetriebliches Netzwerk entstand, in dem sich Betriebsräte austauschten, Synergieeffekte nutzten und zum Beispiel gemeinsam Mustertexte für Betriebsvereinbarungen erarbeiteten. Diese Vorlagen stehen inzwischen auch für andere Unternehmen zur Verfügung.
Akzeptanz durch Einbindung
Die Projekterfahrungen zeigen, dass eine rechtzeitige und proaktive Beteiligung von Betriebsräten auch für Unternehmen Vorteile bringt. Sie reduziert Konflikte, schafft Vertrauen und ermöglicht eine beschleunigte Umsetzung von KI-Anwendungen.
Wenn Beschäftigte und Betriebsräte früh einbezogen werden, entstehen praxisnahe und akzeptierte Lösungen.– Oliver Dietrich, IG Metall
Zudem lassen sich so wichtige rechtliche und organisatorische Fragen früh klären. „Gerade bei sensiblen Themen wie algorithmischen Entscheidungen oder der Transparenz von Systemen schafft eine gute Zusammenarbeit Vertrauen – für alle Seiten“, betont Svenja Budde.
Transfer über das Projekt hinaus
Die im Projekt entwickelten Qualifizierungsformate und Werkzeuge werden mittlerweile verstetigt angeboten. So wird das Schulungskonzept „KI Kompakt“ als Präsenzseminar in das Bildungsprogramm der IG Metall NRW aufgenommen. Auch das Beratungsangebot wird fortgeführt – nicht zuletzt, weil der Bedarf in vielen Betrieben weiter steigt.
Die Entwicklung von KI-Systemen ist kein einmaliger Prozess. Deshalb müssen auch Betriebsräte kontinuierlich weiterqualifiziert werden – und im Betrieb auf Augenhöhe mitreden und mitgestalten können, wenn neue Technologien eingeführt werden.– Oliver Dietrich, IG Metall
Mit ihrem Engagement im Projekt Arbeitswelt.Plus haben IG Metall NRW und TBS NRW deutlich gemacht, dass Mitgestaltung und Mitbestimmung – auch im Kontext neuer Technologien – gelingen kann. Durch strukturierte Beteiligung, zielgerichtete Qualifizierung und einen systematischen Austausch zwischen den Betrieben entstand ein wirkungsvolles Unterstützungsangebot – für eine faire und praxistaugliche Einführung von KI im Sinne der Beschäftigten.